Immer häufiger zieren Computer die Schreibtische und Wohnstuben von Leuten,
die sich noch vor ein paar Jahren nie und nimmer so ein 'Ding' hingestellt hätten. Warum? Computer sind mittlerweile sehr einfach zu bedienen und enorm leistungsfähig. Die Kommunikation mit den klassischen Homecomputern der späten 70er, frühen 80er Jahre erfolgte in der Programmiersprache BASIC, meist wurden sogar BASIC-Befehle verwendet, um wiederum Programme zu laden und zu starten. Auch Charlie [FN1] brachte den geplagten Anwendern kaum
Besserung: die Interaktion mit dem Rechner erfolgte nun nicht mehr in BASIC,
sondern eben in Form englisch-sprachiger Anweisungen, die auch nicht verständlicher waren. Zwar hätte das Orwell-Jahr [FN2] eine neue Ära einleuten können, aber der äußerst hohe Preis verhinderte zunächst den
Einzug des Apple Macintosh in den Markt erschwinglicher Geräte.Jenseits des langsam anschwellenden mainstream, in den Rechenzentren von Forschungseinrichtungen und Hochschulen, hatte sich indes ein Betriebssystem etabliert, das die Steuerung des Computers mittels textueller Befehlseingaben zur Kunstform erhob: UNIX. Dessen größter Vorteil, die schier unglaubliche
Flexibilität (die erreicht wird, indem man zum Beispiel vergleichsweise einfache Befehle durch vom Betriebssystem angebotene Dienste zu komplexeren Konstrukten verbindet), blieb auch sehr lange dessen gewichtigster Nachteil: ein reines UNIX-System ohne grafische Oberfläche ist auch für einen sehr ambitionierten Anwender nur schwer in den Griff zu bekommen.
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Sie fragen sich jetzt sicher, was das alles mit Ihnen und Ihrem Atari zu tun hat. Scheinbar nicht viel, denn dank GEM sind eben keine kryptischen Befehle in der Form copy A:\*.* C:\ nötig, um die Daten von Diskette A: auf Laufwerk C: zu kopieren. Und doch möchte ich Ihnen in dieser Serie Dinge näher bringen,
die Ihre Arbeit mit dem Rechner bequemer machen, obwohl wir uns mit Techniken
befassen werden, mit denen Sie bislang möglicherweise nicht in Berührung
gekommen sind. Gegenstand dieser Serie ist MiNT, eine Betriebssystemerweiterung des Kanadiers Eric R. Smith. Wir werden uns
Konzepte und Techniken, die dieses Programm in die 'TOS-Welt' eingeführt hat,
ansehen, und ausloten, wie der Anwender von ihnen profitiert. Obwohl der Anwender-Aspekt im Vordergrund stehen wird, werden sich technische Details nicht immer vermeiden lassen. Fachtermini werde ich grundsätzlich in Fußnoten kurz definieren. Der geneigte Leser sollte hier nur im Hinterkopf behalten,
daß viele dieser Begriffe durchaus auch für Aufsätze in der Länge dieses Artikels gut sind. Und noch eine kurze Bemerkung: diese Einführung bietet Ihnen kaum Möglichkeiten, praktisch tätig zu werden. Ich darf Ihnen aber
versichern, daß wir das in den kommenden Folgen nachholen werden. Lassen Sie
mich diesen Einstieg dazu nutzen, Sie etwas mit der Materie vertraut zu machen, falls Sie MiNT bislang nicht kennen.
[FN1] 1982: Einführung des 'IBM-PC'
[FN2] 1994: Apple bringt den Macintosh; die Anspielung auf das Buch George Orwells geht auf die Firma selbst zurück, in Form eines mittlerweile legendären Werbe-Spotts, in dem die Befreiung vom Joch IBMs zelebriert wird
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